22. Naturhornseminar Kloster Hedersleben 2024

Rückblick 2019

Rund 40 jagdmusikbegeisterte Es-Horn-Bläser aus ganz Deutschland kamen Ende Juli vier Tage im Kloster Hedersleben zusammen, um sich unter Anleitung von vier Profi-Hornisten in Sachen Hornblasen weiterzubilden und auszutauschen. Der Förderverein des Jagdhornbläserchors der Forstlichen Fakultät der Universität Göttingen als Veranstalter hatte sein langjähriges Tagungsdomizil, das CVJM-Haus Solling bei Dassel wegen der Nutzung als Flüchtlingsunterkunft und anschließendem Verkauf verloren und hat nun im Kloster Hedersleben nach drei Jahren Pause einen Neubeginn gestartet. Neben der Tatsache, dass der Hausherr und seine Frau auch Jagdhornbläser sind und sich im Kloster Hedersleben seit einigen Jahren eine eigene Jagdhornbläsergruppe formiert, haben die idealen Rahmenbedingungen den Ausschlag für die Wahl des neuen Tagungsortes gegeben: Der weiträumige Klosterpark ermöglicht mit genügendem Abstand die Probenarbeit in mehreren Kleingruppen und auch bei schlechtem Wetter gibt es im Kloster zahlreiche akustisch gut geeignete Seminarräume. Schlechtes Wetter wurde dieses Jahr auch mal anders definiert, denn die Sonne meinte es in den ersten Tagen allzu gut, so dass die dicken Klostermauern für willkommene Abkühlung sorgten!

Die Dozenten sind renommierte Berufshornisten, die als Orchestermusiker und Solisten aktiv sind, in bekannten Kammermusikensembles spielen oder als Hochschulprofessor lehren. Alle haben über das Waldhorn hinaus weitreichende Erfahrungen mit dem Naturhorn und in der Jagdmusik. Stefan Oetter aus Lübeck ist Mitglied des „Deutschen Horn Ensembles“ und als langjähriger tiefer Hornist in vielen weiteren Europäischen Ensembles aktiv. Jörg Schulteß aus Bonn pflegt als Hornist eine langjährige Zusammenarbeit mit zahlreichen renommierten Orchestern und unterrichtet seit über 25 Jahren an mehreren Musikschulen. Johannes Birk musiziert gerne auf historischen Hörnern in verschiedenen Ensembles im Bereich der Alten Musik und ist seit diesem Jahr Dirigent und künstlerischer Leiter des Oldenburgischen Schlossorchesters. Professor Ab Koster ist ein weltweit konzertierender Solist und Professor für Horn an der Hochschule für Musik und Theater Hamburg.

Zu Beginn des Naturhornseminars hatte jeder Teilnehmer vor der kritischen Dozentenrunde ein Solostück vorgeblasen und wurde seinem bläserischen Können entsprechend in eine der vier Gruppen – dieses Jahr nach Greifvogelarten benannt – eingeteilt. Das verhindert weitestgehend, dass jemand sich in seiner Gruppe überfordert fühlt oder langweilt und ermöglicht ein effektives und an das individuelle Niveau angepasstes Arbeiten.

Die erste Einheit an jedem der vier Seminartage bestand aus einem ausführlichen Einblasen und Grundlagen wie Atmungstechnik, aufeinander Hören, Intonation … Die Dozenten wechseln dabei durch die Gruppen und die Teilnehmer profitieren von den unterschiedlichen Ansätzen und Praktiken der Profis.

Eine weitere Konstante im Seminarablauf bildete die tägliche Einheit zur Vorbereitung eines Konzertstückes, in der in jeder Gruppe ein ausgewähltes Stück konzertanter Jagdmusik mit gleichbleibendem Dozenten besonders gründlich einstudiert wurde.

Alle übrigen jeweils 90minütigen Übungseinheiten waren weiterführende frei wählbare Themenangebote, wie z.B. Ansatz, Tonqualität und Klangkultur, Bassblasen, Stopftechnik, Inventionshorn, Trioblasen oder große anspruchsvolle Stücke konzertanter Jagdmusik. Die Teilnehmer konnten sich nach ihren Interessen über ein Steckkartensystem für die verschiedenen Angebote eintragen, was hervorragend funktionierte.

Am Freitag-Abend stand nach einer anekdotenreichen Klosterführung durch den Ortsbürgermeister Michael Schmidt der Themenabend auf dem Programm, der Dank erträglicher Abendtemperaturen im Kreuzgang-Innenhof stattfinden konnte. Im lockeren Interview-Gespräch erzählte Professor Ab Koster aus seinem alltäglichen Leben als Hornist und Orchestermusiker, seinen Erlebnissen als weltreisender Solist und Konzerten mit vielen berühmten Orchestern, und beantwortete die Fragen seiner jüngeren Dozenten-Kollegen zu seiner Tätigkeit als Hochschuldozent und seinen Zukunftsplänen. Der Stand des Forums für Jagdmusik, welches unter der Regie von Günther Raschke CDs und Noten präsentierte, fand reges Interesse. Bei Gesang, Wein und Bier genossen dann noch viele die laue Sommernacht und waren dankbar für die lang geöffnete Kloster-Bar ...

Wer glaubt, ein Seminarangebot von täglich morgens 9 bis abends 9 würde alle bläserischen Kräfte erschöpfen, der irrt. Schon vor dem Frühstück hörte man hinter einer Zimmertür jemanden mit Dämpfer seine Übungen spielen und die halbe Nacht ertönten aus dem einen oder anderen Seminarraum harmonische Hornklänge der Dozenten oder spontan zusammengefundener Ensembles. Sieben Bläserinnen und Bläser fanden sich auf dem Seminar sogar zu einer hochmotivierten Inventionshorngruppe.

Der dritte Seminartag stand ganz im Zeichen des abendlichen Konzertes im Kreuzgang-Innenhof, der zu dieser Zeit schon im Schatten der mächtigen Klosterflügel lag und somit angenehm sommerliche Temperaturen versprach. Alle packten mit an, rund 100 Stühle aufzustellen und kräftige Männer einschließlich des Hausherrn sorgten dafür, dass auch das Klavier aus dem Festsaal in den Innenhof geschafft wurde. Eröffnet wurde das Konzert mit den Beiträgen der Teilnehmer: die Milan-Gruppe begann passend mit „Les Cloches du Soir“, gefolgt von der Bussard-Gruppe mit dem „Gebet der Jäger“ von Josef Schantl. „Émilie“ von Henri Joliot wurde von der Habicht-Gruppe präsentiert und die Falken-Gruppe beschloss den ersten Zyklus mit „Poème“ von Wilhelm Bruns. Einen ganz besonderen musikalischen Leckerbissen verdankte das Publikum Professor Ab Koster, der das 3. Hornkonzert Es-Dur, KV 447 von Wolfgang Amadeus Mozart auf dem Inventionshorn zu Gehör brachte, begleitet am Klavier von Christiane Herrmann aus Halberstadt. Nach der Pause spielten die Dozenten in Trio- und Quartett-Besetzung auf Inventions- und Waldhörnern. Es erklang dem Motto des Konzerts entsprechend Hornmusik aus drei Jahrhunderten: ein Quartett von Leopold Mechura (1804-1870), eine Corrente von Girolamo Frescobaldi (1583-1643) und drei Choralvorspiele von Johann Sebastian Bach (1685-1750). Nicht ohne Zugabe entließ das begeisterte Publikum die vier Musiker. Ein Wermutstropfen muss allerdings noch erwähnt werden: neben den Seminarteilnehmern waren nur 18 weitere Gäste zum Konzert gekommen – es muss sich wohl erst noch herumsprechen, welch besonderes und selten zu hörendes Erlebnis solch ein Naturhornkonzert sein kann!

Nachdem alle thematischen Wünsche ausreichend behandelt waren, lag der Schwerpunkt am Sonntag abschließend bei konzertanter Jagdmusik, um das Gelernte ganzheitlich umzusetzen und den Spaß am gemeinsamen Musizieren so richtig zu genießen! Noch einmal kamen alle zu einer großen Schlussrunde im Kreuzhof zusammen, wo es Gelegenheit gab und genutzt wurde, Lob, Dank und konstruktive Kritik zu äußern. Traditioneller Schlusspunkt der Naturhornseminare ist der beliebte „Massenkeil“, bei dem alle gemeinsam in französischer Keilaufstellung im Innenhof (bei gut 40 Bläsern passt es gerade noch) die bekanntesten Fanfaren und Jagdstücke wie „Le Point du Jour“, „Les Honneurs“, La Marche de Vènerie“, La Marche des Cerfs“ und „Des Jägers Wanderliedchen“ erschallen lassen.

Beim Abschied waren sich alle einig: Wir haben im Kloster Hedersleben eine neue Heimat für unsere Naturhornseminare gefunden und wir freuen uns alle auf das 18. Seminar 2020!



Anmeldeorganisation:

Deutscher Forstverein e.V.
Büsgenweg 1,  37077 Göttingen

Telefon  0551 / 379 62 65
E-Mail:  info(at)naturhornseminar.de


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